«Statt auf Konfrontation setzen wir auf Kooperation»

    Die globale Tierschutzorganisation schaut auf 25 Jahre Tierschutzarbeit zurück. Sie setzt sich dabei konsequent dafür ein, das Leben von Tieren unter menschlichem Einfluss nachhaltig zu verbessern. Trotz zahlreicher Erfolge bleibt der Einsatz für Tiere dringlicher denn je – in der Schweiz, wie auch weltweit. Alexandra Mandoki, langjährige Geschäftsleiterin von VIER PFOTEN Schweiz und Vorstandsmitglied bei VIER PFOTEN International, gibt einen Überblick.

    (Bilder: VIER PFOTEN) Grosskatzenschutzzentrum in Südafrika: Oberstes Ziel ist es, dass keine Wildtiere in Gefangenschaft leben müssen.

    Was im Jahr 2000 als kleine Vertretung einer internationalen Tierschutzorganisation in Zürich begann, ist heute eine etablierte Kraft für den Schutz von Heim-, Wild- und sogenannten Nutztieren – in der Schweiz und darüber hinaus. Wie ist VIER PFOTEN entstanden?
    Alexandra Mandoki: VIER PFOTEN wurde 1988 von einer kleinen Gruppe junger Tierschutzaktivisten um Heli Dungler in Wien gegründet, mit dem Ziel, das Leid von Tieren unter direktem menschlichem Einfluss zu lindern – insbesondere in der Pelzindustrie. Die Organisation entwickelte sich rasch weiter, expandierte in andere Länder und erweiterte ihr thematisches Aktivitätsfeld: von Importverboten mit internationaler Signalwirkung über tierschutzfreundliche Initiativen bis hin zu wirkungsvollen Kampagnen in den Bereichen Mode, Ernährung und Heimtierhaltung. Die Schweiz sollte und soll dabei eine Vorreiterrolle einnehmen.

    VIER PFOTEN ist auf allen fünf Kontinenten vertreten und in 16 Ländern aktiv und betreibt 13 Tierschutzzentren. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
    Unser Erfolgsrezept beruht auf einer Kombination aus strategischem Engagement, emotionaler Verbindung und nachhaltigem Tierschutz. Unsere Kampagnen haben das Ziel, nicht nur aufzuklären, sondern auch gesetzliche, nachhaltige Veränderungen zu bewirken. Statt auf Konfrontation setzen wir auf Kooperation.

    Vier Pfoten feiert das 25-Jahr-Jubiläum: Was sind die wichtigsten Meilensteine?
    Aktuelle Meilensteine sind die Einführung einer Deklarationspflicht für tierquälerisch erzeugte Produkte wie Stopfleber und das Importverbot für tierquälerisch gewonnenen Pelzprodukte auf Verordnungsebene. Vergangene Erfolge sind zudem die verpflichtende Eierkennzeichnung zur Herkunft und Haltungsform seit 2005 sowie die Eröffnung des Arosa Bärenlandes 2018.

    Was sind die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
    Unsere Arbeit ist breit gefächert und basiert auf nachhaltigen Gesetzesänderungen, Projekten, wissenschaftlicher Expertise und direkter Hilfe für Heimtiere, Streuner und sogenannte Nutztiere. Für Wildtiere, die unter menschlichem Einfluss stehen oder in Gefangenschaft leben, betreiben wir zudem 13 spezialisierte Schutzzentren – wie das Arosa Bärenland – in denen wir ihnen ein artgemässes Leben ermöglichen.

    Sie arbeiten lösungsorientiert und bieten Tiere in Not schnelle Hilfe aus erster Hand. Wie funktioniert das?
    Neben den genannten Schutzzentren für gerettete Wildtiere, erhalten streunende Hunde und Katzen medizinische Versorgung von unseren zahlreichen Expertinnen und Experten. Die Tiere werden zudem kastriert, um das Leid langfristig zu verringern. In Krisengebieten wie der Ukraine oder nach Naturkatastrophen helfen wir mit Futter, Medikamenten und Evakuierungen. Dabei arbeiten wir oft mit lokalen Partnern und Behörden zusammen, um nachhaltige Lösungen zu schaffen.

    Das bekannteste Projekt in der Schweiz ist sicher das Arosa Bärenland, das ein artgemässes Zuhause für gerettete Braunbären bietet.

    Was sind die wichtigsten Kampagnen und Projekte?
    Unser bekanntestes Projekt in der Schweiz ist sicher das Arosa Bärenland, das ein artgemässes Zuhause für gerettete Braunbären bietet. Wichtig Themen sind für uns tierfreundliche Mode, Tierschutz in der Ernährung bzw. bei der Haltung sogenannter Nutztiere und Streunerhilfe weltweit. Auch politische Kampagnen wie jene gegen die Massentierhaltung und gegen lärmendes Feuerwerk haben einen hohen Stellenwert.

    Sie betreiben ein Grosskatzenschutzzentrum in Südafrika. Wieso ist das notwendig?
    Unser oberstes Ziel ist es, dass keine Wildtiere in Gefangenschaft leben müssen. Auf dem Weg dorthin sind Schutzzentren notwendig, weil sie ein artgemässes Zuhause für geschundene Grosskatzen bieten, und das oft zum ersten Mal in ihrem Leben. Wir setzen damit ausserdem ein Zeichen gegen Ausbeutung sowie illegalen Wildtierhandel und zeigen den Besuchenden, welche Bedürfnisse die Tiere haben, warum sie nicht in Privathand gehören und welche Gesetzesänderungen es für ihren Schutz braucht.

    Woher stammen die Grundlagen Ihrer Arbeit?
    Unser Gründer Heli Dungler hatte die Vision von einer Welt, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Dieser Vision fühlen wir uns bis heute verpflichtet, indem wir Tiere unter direktem menschlichem Einfluss schützen, retten und respektvoll behandeln – egal, ob Haustiere, sogenannte Nutztiere oder Wildtiere.

    Wie sieht Ihre politische Arbeit im Tierschutz aus?
    Wir engagieren uns aktiv in politischen Entscheidungsprozessen in der Schweiz und arbeiten mit Parlamentarier/innen, Bundesbehörden sowie relevanten Institutionen zusammen, um tierschutzfreundliche Regelungen zu fördern. So fordern wir unter anderem ein Importverbot von tierquälerisch produziertem Pelz im Tierschutzgesetz, ein konsequentes Importverbot von Stopfleber und unterstützen tierschutzrelevante parlamentarische Vorstösse zu verschiedenen Heim-, Wild- und Nutztierthemen. Darüber hinaus begleiten wir Gesetzesrevisionen einerseits durch einen engen Austausch mit der Bundesverwaltung und andererseits durch das Einreichen von Stellungnahmen. Zusätzlich pflegen wir internationale Partnerschaften, um unseren politischen Einfluss zu stärken und über die Landesgrenzen hinaus Verbesserungen für Tiere zu erzielen, etwa im Rahmen unserer Pandemiekampagne

    Was wünschen Sie sich für die nächsten 25 Jahre, respektive welche Visionen haben Sie?
    Ich wünsche mir, dass wir mit unserer Arbeit noch mehr bewirken können, und noch weniger Tiere leiden müssen wegen des Einflusses von Menschen. Dass Entscheidungen in der ganzen Welt bewusster werden und die nächsten Generationen Tierschutz als Fundament in ihrem Leben sehen.

    Interview: Corinne Remund


    VIER PFOTEN ist eine international tätige Tierschutzorganisation mit Hauptsitz in Wien. Die 1988 von Heli Dungler und Freunden gegründete Organisation hat das Ziel, Tieren in Not mit nachhaltigen Kampagnen und Projekten zu helfen. Grundlagen dafür sind wissenschaftliche Expertise, fundierte Recherchen sowie intensives nationales und internationales Lobbying.

    www.vier-pfoten.ch

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