Welche Schweiz wollen wir?


    Die Stimme der KMU und der Wirtschaft


    Souveränität statt Bequemlichkeit

    (Bild: zVg) Henrique Schneider

    Die Schweiz steht an einem Scheideweg. Zwei grundlegend verschiedene Alternativen liegen vor. Jede hat enorme Konsequenzen. Es ist Zeit, ehrlich zu diskutieren: Welche Schweiz wollen wir wirklich?

    Der erste Weg erscheint verlockend einfach. Eine Schweiz, die sich eng an die Europäische Union anlehnt, im Binnenmarkt integriert ist und brav befolgt, was Brüssel vorgibt. Oberflächlich betrachtet scheint diese Strategie zu funktionieren: Dank unserer traditionellen Flexibilität und bewährten Institutionen würden wir weiterhin besser dastehen als die EU-Mitgliedstaaten und relativ gesehen reicher bleiben. Die Verlockung liegt auf der Hand: Warum sollten wir uns anstrengen, wenn wir auch bequem mitlaufen können?

    Doch dieses Bild täuscht über die wahren Kosten hinweg. Absolut betrachtet würde auch die Schweiz die gleichen Degenerationserscheinungen durchlaufen wie die EU selbst. Die Wirtschaft würde an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, erdrückt von immer komplexeren Regulierungen aus Brüssel. Die Bürokratie würde explodieren, während der Wohlstand schleichend erodiert.

    Noch gravierender: Unsere direkte Demokratie, das Herzstück der schweizerischen Identität, würde Stück für Stück ausgehöhlt. Entscheidungen würden zunehmend in fernen Büros getroffen, weit weg vom Souverän. Was Generationen von Schweizern aufgebaut haben, würde einer bequemen Anpassung geopfert.

    Der steinige Weg: Souveränität als Innovationsmotor
    Der zweite Weg ist zweifellos anspruchsvoller. Eine vollständig souveräne Schweiz muss sich ständig neu erfinden, neue Partner suchen und innovative Lösungen entwickeln. Sie wird angefeindet, weil sie unbequem ist und etablierte Machtstrukturen herausfordert. Sie ist nirgends vollständig integriert, hat aber überall einen Fuss in der Tür.

    Genau diese Position des permanenten Wettbewerbs ist jedoch unsere grösste Stärke. Wettbewerb zwingt zur Innovation, zur Effizienz, zur ständigen Verbesserung. Eine souveräne Schweiz muss kreativ sein, muss neue Wege finden, muss besser sein als die Konkurrenz. Das Resultat: robustes Wirtschaftswachstum, steigender Wohlstand und eine lebendige Demokratie, in der das Volk tatsächlich mitbestimmt.

    In dieser Schweiz funktioniert die direkte Demokratie als natürliches Korrektiv. Politiker müssen sich regelmässig vor dem Souverän rechtfertigen, Ideen stehen im Wettbewerb zueinander. Das Volk behält die Kontrolle über sein Schicksal.

    Die Entscheidung: Bequemlichkeit oder Freiheit?
    Ich bekenne mich klar zur zweiten Schweiz. Ja, sie ist unbequemer. Ja, sie verlangt mehr von uns allen. Aber sie ist auch ehrlicher, freier und letztendlich erfolgreicher. In einer Welt, die sich rasant verändert, ist Anpassungsfähigkeit wichtiger denn je. Wer diese Schweiz will, muss konsequent sein: Ein EU-Vertrag, der uns in die Abhängigkeit führt, ist mit dieser Vision unvereinbar.

    Die Geschichte lehrt uns, dass grosse Nationen nicht durch Bequemlichkeit entstanden sind, sondern durch den Mut, eigene Wege zu gehen. Die Schweiz war schon immer anders – und das war gut so. Unsere Neutralität, unsere direkte Demokratie, unser Föderalismus: All das sind Errungenschaften, die aus dem Willen zur Eigenständigkeit entstanden sind.

    Die Wahl liegt bei uns. Wollen wir den bequemen Abstieg in die Mittelmässigkeit oder den anspruchsvollen Aufstieg zu echter Grösse? Wollen wir Mitläufer sein oder Pioniere bleiben? Ich wähle die Freiheit – und damit die Schweiz, die unsere Vorfahren uns hinterlassen haben, und die wir unseren Kindern weitergeben sollten.


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    Zur Person:
    Henrique Schneider ist Verleger der «Umwelt Zeitung». Der ausgebildete Ökonom befasst sich mit Umwelt und Energie aber auch mit Wirtschafts- und internationaler Politik.

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