Wettbewerbsvorteil dank 5G – Auch in Basel-Stadt?

    In städtischen Gebieten sind 90 Prozent der bestehenden Anlagen ausgelastet

    Das Internet der Dinge und die Vernetzung einer noch grösseren Anzahl Geräte mittels Mobilfunknetz ist bald mehr Realität als Zukunftsmusik. Der 5G-Standard sei die Basisinfrastruktur für die Digitalisierung der Gesellschaft, sagen die Experten. Für viele Unternehmen wäre dies ein grosser Wettbewerbsvorteil und einige Branchen könnten durch 5G einen bedeutenden Aufschwung erleben. Aber es gibt noch Hürden – auch in Basel.

    (Bild: PEXELS) Das 5G Netz wird bezüglich der Entwicklung Basels und anderer Städte zur Smart City eine wichtige Bedeutung haben.

    Eine bis 1000-fach höhere Kapazität im Mobilfunknetz bedeutet, dass exponentiell mehr Leute gleichzeitig eine stabile Verbindung haben. Und das bei 90 Prozent weniger Stromverbrauch. Mit 3G und 4G ist man heute in der Regel 100-mal langsamer. Schon per Ende 2018 hatte Swisscom auf Basis von Testlizenzen erste Schweizer Städte punktuell mit 5G erschlossen.

    Pro- und Contra-Argumen­tationsduelle rund um 5G
    Die Schweizer Wirtschaft drängt auf die Einführung des neuen 5G-Mobilfunkstandards. Aber die Gegner sind mindestens so aktiv. Man befürchtet noch nicht erforschte Kollateralschäden im gesundheitlichen Bereich und durch die Vermehrung der Antennen in städtischen Ballungsgebieten eine erhöhte Elektrosmog-Konzentration. Die Wirkung von 5G auf Menschen sei nach wie vor unbekannt, wird gewarnt. Es wird sogar eine Studie des National Toxicology Programm der USA aus dem Jahre 2018 zitiert, wonach 2500 Ratten und Mäuse täglich neun Stunden lang einer etwa doppelten Handy-­Strahlung ausgesetzt wurden. Man erhoffte sich eine Entwarnung, aber das Gegenteil sei eingetroffen. Verschiedene Krebstumore traten vor allem bei männlichen Ratten erhöht auf. Paradox bei dieser ganzen Geschichte ist aber, dass Endgeräte die Nutzer wesentlich stärker als Mobilfunkanlagen bestrahlen, die Strahlungswerte von Handys bei schlechtem Empfang also deutlich ansteigen. Im Umkehrschluss heisst dies: Eine höhere Antennen-Dichte kann den Empfang verbessern, wodurch die Sendeleistungen der Handys sinken.

    Grössere Hürden in städtischen Gebieten
    In der ganzen Schweiz, auch in unserer Region, ist dennoch die Grundsatzfrage gestellt worden: Will man in Städten die Antennendichte massiv erhöhen und zudem noch das Stadtbild beeinträchtigen? Wird in den Agglomerationen nun eine bessere Voraussetzung geschaffen für die Implementierung und Etablierung des 5G Netzes? Und entstehen dadurch neue Wettbewerbsvorteile in gewissen Branchen und Regionen?

    (Bilder: zVg) So sehen die Mobilfunk-Antennen – sprich die Sendeanlagen aus. Vielen ist der Anblich und die Angst vor Überschreitungen der Grenzwerte. Tatsache ist, dass zirka 90 Prozent der Anlagen in städtischen gebieten ausgelastet sind.

    Wir haben mit Armin Schädeli (Mediensprecher Swisscom) und Christian Grasser vom Schweizerischen Verband der Telekommunikation gesprochen. Armin Schädeli: «Swisscom hat in sieben Schweizer Städten punktuell 5G auf Testlizenzen zu Testzwecken live geschaltet. Diese Schweizer Städte sind Genf, Lausanne, Bern, Burgdorf, Luzern, Zürich und Davos. Swisscom wird 5G live schalten, sobald die Lizenzen für die Nutzung der Frequenzen im März vorhanden sind. Bis Ende Jahr sollen dann 60 Schweizer Städte und Gemeinden punktuell mit 5G versorgt werden.» Der 5G Ausbau erfolge Schritt für Schritt, so Schädeli weiter, denn es brauche an manchen Mobilfunkstandorten neue Hardware. Der Ausbau werde zudem aufgrund der strengen Mobilfunk-Grenzwerte in der Schweiz gebremst, da gerade in städtischen Gebieten viele Antennen wegen der strengen Umweltgesetze nicht mehr mit 5G ausgebaut oder anderweitig verstärkt werden können. Für Basel will die Swisscom 5G so rasch als möglich in Betrieb nehmen, nachdem die Lizenz für die Frequenzen vom Bakom erteilt wurde.

    90 % der Mobilfunkantennen in Basel können nicht mehr mit 5G ausgebaut werden
    Dass es allenfalls Probleme für die Etablierung von 5G in einer Stadt wie Basel geben könnte hat einen guten Grund, wie Christian Grasser vom Schweizerischen Verband der Telekommunikation erklärt: «Zwei Drittel aller Mobilfunkstandorte in der Schweiz können mit der heutigen Gesetzgebung nicht weiter modernisiert werden. In städtischen Gebieten sind sogar 90 Prozent der bestehenden Anlagen ausgelastet. Der weitere Ausbau und die Einführung von 5G müsste daher an zusätzlichen neuen Standorten erfolgen. Vereinfacht gesagt: Neben fast jeder bestehenden Anlage müsste mindestens eine zusätzliche neue erstellt werden.

    Die Swisscom führt derzeit einige Tests durch, um das 5G Netz auf Herz und Nieren zu prüfen.

    Diese neuen Anlagen sind aber wegen der bereits hohen Standortdichte nur schwer zu erschliessen, was zu einer zeitlichen Verzögerung bei der 5G-Versorgung führt und beim Fehlen von geeigneten Standorten Versorgungslücken zur Folge hat.» Die Wirtschaft und Telekom-Branche plädieren deshalb dafür, die anstehende Einführung des neuen Mobilfunkstandards durch eine Anpassung der im internationalen Vergleich sehr strengen Schweizer Grenzwerte zu erleichtern. Dank dem technologischen Fortschritt könnte die 5G-Technologie an den bestehenden Standorten und auf den bestehenden Masten installiert werden. Die vorhandene Infrastruktur kann wiederverwendet werden. Dies wird auch in den meisten europäischen Ländern so gemacht. In der Schweiz lassen jedoch die strengeren Umweltauflagen diesen Ausbau auf den bestehenden Anlagen nicht zu. Dies hat zur Folge, dass in Basel und anderen Städten gut 90 Prozent der bestehenden Mobilfunkantennen nicht mehr mit 5G ausgebaut werden können.

    Quantensprünge garantiert
    5G wird für unsere Wirtschaft und für viele Unternehmen ein Quantensprung. Dies bestätigt auch Christian Grasser: «Smartphones gibt es seit etwas mehr als 10 Jahren und wir nutzen heute viele Apps und Dienste, die es vor zehn Jahren noch gar nicht gab. Diese Entwicklung geht weiter und 5G stellt dazu die Basisinfrastruktur bereit und hat ganz neue Eigenschaften.» 5G habe, so Gasser weiter, viel kürzere Reaktionszeiten – der Fachbegriff hierfür ist «Latenz» – was neue Anwendungen in der Mobilität erlaube sowie auch Echtzeit-Steuerungen in der Industrie. «Das sichert Arbeitsplätze in der Schweiz. Die neue Technologie ist weniger empfindlich auf hohe Geschwindigkeiten, was die Versorgung in Fahrzeugen und Zügen verbessert. Die höheren Datenraten sind nicht nur für die Wirtschaft wichtig, sondern ermöglichen beispielsweise auch Videoanwendungen für ältere Menschen oder in der Krankenpflege. Sensoren und künstliche Intelligenz werden im Verkehrsmanagement oder in der Gebäudesteuerung dazu beitragen, dass weniger Stau auf den Strassen herrscht oder dass der Energieverbrauch reduziert werden kann.» Zudem können in einem 5G-Netz verschiedene «Zonen» mit unterschiedlichen Eigenschaften geschaffen werden. Ein Beispiel: Ein hochverfügbares Netz wäre gewinnbringend für die Blaulichtorganisationen oder ein Netz mit speziellen Anforderungen an die Cyber-Security für kritische Infrastrukturen wie Energie, Verkehr oder Gesundheit. 5G sei also nicht einfach «ein» Quantensprung, sondern ermöglicht viele Innovationen in allen Lebensbereichen.

    Der Gesundheitsaspekt – Viele Studien, keine 100 %ige Klarheit
    Das grosse kritische Thema in diesem Zusammenhang ist der Gesundheitsaspekt. Kürzlich hat der Bund die neuen Funkfrequenzen für 5G in der Schweiz vergeben. Diese Frequenzen liegen in ähnlichen Bereichen wie die heutigen Mobilfunktechnologien oder WLAN. Die bisherigen Erkenntnisse zu Mobilfunk und Gesundheit sind also weiterhin gültig. Christian Grasser: «Bezüglich Gesundheitsaspekten wurden in den letzten 20 Jahren Tausende von Studien und Untersuchungen durchgeführt. Der darauf basierende wissenschaftliche Konsens lautet: es gibt keine Belege für eine Schädlichkeit von Mobilfunk-­Sendeanlagen, wenn die Grenzwerte eingehalten sind.» Die neue Technologie sei zudem einiges effizienter, denn um dieselbe Datenmenge zu übertragen, benötige 5G weniger Sendeleistung als die Vorgängertechnologien. Neue Software, Computer und Antennentechnologien machen dies möglich. Aber: Die Risikoeinschätzung erfolgt nicht aufgrund einzelner Studien. Internationale Organisationen und nationale Gesundheitsbehörden analysieren eine Vielzahl von Studien und Untersuchungen und beurteilen danach das Risiko einer Technologie.

    Wie aber ist die Einstellung der Bevölkerung zu diesem Thema? Christian Grasser: «Eine repräsentative Studie von GfS Bern im Auftrag der asut zeigt, dass eine grosse Mehrheit der Bevölkerung einem Ausbau der Mobilfunknetze positiv gegenüber steht. Wie bei allen Infrastrukturbauten, sei es Strasse, Schiene, Energie, Entsorgung oder anderes, können Anwohnerinnen und Anwohner im Rahmen der Baubewilligungsverfahren Einsprache erheben. Dies geschieht auch beim Mobilfunk, was den Ausbau der Netze verzögert. Dies kann die Versorgungsqualität beeinträchtigen, da sich die übertragenen Datenvolumen alle 12 Monate verdoppeln.» Ergo: Hätte die Schweiz ähnliche Umweltauflagen wie Frankreich oder Deutschland, dann könnte 5G auf den bestehenden Masten installiert werden und es wären weit weniger neue Anlagen notwendig. Bezüglich Ästhetik müssen zudem auch Mobilfunkanlagen alle Regelungen des Baurechtes oder des Ortsbild- und Denkmalschutzes einhalten.

    JoW

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